Der „Smart Mark Report“ beleuchtet und bewertet auf Wrestling-Infos.de jede Donnerstag aktuelle Geschehnisse und Entwicklungen in der Welt des Mainstream-Wrestlings aus der Sicht eines „smarten“ Fans wie du und ich. Neben 100% subjektiven Ansichten liegt der Schwerpunkt vornehmlich auf der WWE. ACHTUNG: Keine Haftung für etwaige Spoiler!
CM Punk soll das für WrestleMania XXX geplante Match gegen Triple H als persönlichen „Karriererückschritt“ empfunden haben. Seinen Spot bekommt jetzt bekanntlich Daniel Bryan – soweit alles verdaut. Die Urteilung von Punk über „Hunter“ ließ jedoch wieder erneut die von mir bereits seit etlichen Jahren im Kopf schwirrende Frage aufkommen, ob Triple H wirklich die begnadete Wrestling-Legende ist, als die er uns im WWE-Programm immer verkauft wird.
„Warum steht Triple H eigentlich da oben?“ Diese Frage habe ich mir in den letzten Jahren immer wieder gestellt, als ich das WWE-Produkt konsumiert habe. Ist der Kerl wirklich so gut? Hatte er nur Glück? War er zur rechten Zeit am rechten Ort? Oder ist am Ende doch einfach alles darauf zurückzuführen, dass er mit Stephanie McMahon – der Tochter vom WWE-Boss Vince McMahon – verheiratet ist? Die Vita von „HHH“ liest sich auf jeden Fall eindrucksvoll: 8 Mal WWE Champion, 5 Mal World Heayvweight Champion, 5 Mal Intercontinental Champion und etliche WrestleMania Titelmatches, Main Events und Matches gegen große Gegner wie den Undertaker, The Rock und Steve Austin.
Werfen wir einen Blick auf die Geschichte von Triple H: Als er im Jahr 1995 als eingebildeter, schmal gebauter Snob „Hunter Hearst Helmsley“ in die WWF kam, ruhten große Hoffnungen auf den Mann aus Nashua, New Hampshire. Trotz relativ ideenlosem Schnösel-Gimmick wollte die WWF dem späteren Triple H den King of the Ring 1996 gewinnen lassen. Zur gleichen Zeit aber freundete er sich Backstage mit einer gewissen „Clique“ an, bestehend aus Kevin Nash (Diesel), Scott Hall (Razor Ramon) und Shawn Michaels. Diese einflussreiche Backstagegruppierung bestand (bis auf „Hunter“ selbst) ausschließlich aus absoluten Top-Stars, die die Arenen gefüllt haben. Durch ihre Macht boxten sie regelmäßig Matchausgänge, Titelwechsel und Siege für das persönliche Wohlbefinden durch.
Konnte bereits von enger Freundschaft die Rede sein? Feststeht auf jeden Fall, dass Sympathien bei der mächtigsten Gruppierung im Locker Room nicht verkehrt sein konnten. Als im berühmten „MSG Incident“ – auf welchen ich jetzt nicht weiter eingehe – jedoch das damals noch wohlgehütete Geheimnis des Kayfabe gebrochen wurde, schien der Stern von Triple H wieder zu sinken: Der King of the Ring Sieg ging an Steve Austin (nach seinem Gerwinn wurden übrigens die legendären 3:16-Worte gesprochen…) und Hunter Hearst Helmsley jobbte in der Mid- und Undercard für alles und jeden. Als er 1997 dann allerdings Teil der D-Generation X – einer der beliebtesten Gruppierung im Business aller Zeiten – wurde, erhielt er regelmäßige Präsenz in höheren Regionen der Card und viel Spotlight der Medien. Dennoch stand er im Schatten von Shawn Michaels und auch Road Dogg und Billy Gunn wiesen eine deutlich größere Popularität auf. Nach einer Verletzung am Knie 1998 krähte gewissermaßen kein Hahn mehr nach „Hunter“.
Der endgültige Durchbruch gelang dann allerdings Ende 1999, als er sich der Corporate anschloss und die „McMahon-Helmsley Era“ definierte. On-Air präsentierte er sich als Liebhaber und später auch Ehemann von Stephanie McMahon, wobei sich die beiden auch hinter den Kulissen immer besser verstanden haben. Triple H hat seine Ex-Freundin Chyna über Bord geworfen angelte sich die Tochter vom Boss – kurz und böse formuliert. Auch in der Realität kamen die beiden zusammen und neben dem persönlichen Glück wurde auch das Ticket für eine erfolgreiche Zukunft in der WWE gelöst.
Bis zu diesem Zeitpunkt hat Triple H eine gehobene Karriere in der Company erlebt, seine Verletzungsanfälligkeit und niedriger Beliebtheitsgrad gegenüber den Zuschauern bzw. im Vergleich zu anderen Top-Stars verhinderten aber den großen Wurf. Sein erster Run als WWF Champion Ende 1999 verkam zum Durchschnitt, nachdem er einfach nicht over wurde (Mick Foley hat z.B. beim Royal Rumble 2000 alles Erdenkliche versucht, um das Gegenteil zu bewirken). Auch im Jahr 2001 verletzte sich Triple H direkt wieder, als er mit dem zum Heel geturnten Steve Austin den „Two Man Powertrip“ bildete. Eine große Storyline ging den Bach runter – erneut.
Genau während der Verletzungspause kam es zum Wendepunkt: In den neun Monaten, die „Hunter“ nicht im Programm war, baute er enorme Muskelmasse auf, war als Main Eventer von WrestleMania X-8 quasi schon gesetzt und gewann direkt nach seiner Rückkehr Anfang 2002 souverän den Royal Rumble. Der Weg war klar: Triple H sollte der Top-Star der WWE werden – koste es, was es wolle. Und wie kann man derartiges während einer Verletzungspause erreichen? Indem man permanent in Kontakt mit der McMahon-Familie steht und sich Platz in der Zukunft auf Kosten anderer (Chris Jericho kann ein Lied davon singen) freihält. So hart es klingt: Genau das hat Triple H gemacht. Nach kleinen Anfangsschwierigkeiten wie einem verkorksten Run als Babyface gelang ihm spätestens nach dem Brand Split 2003 der endgültige Durchbruch in Sachen Erfolg als unumstrittener Star von RAW. Der World Heavyweight Titel fand nur bei ihm ein festes zu Hause, die meisten Shows drehten sich um ihn und seine „Evolution“ (Fans und Experten bezeichnen das Kreieren dieser Gruppierung als einzig Business-förderlichen „Move“ in seiner gesamten Karriere) und die Pay-Per-Views endeten sowieso immer mit „Hunter“ – meistens feiernd als Champion.
Aber gerade in dieser Zeit wusste Triple H als Heel zu überzeugen, spielte den bitterbösen, karrieregeilen Egomanen perfekt. Mit Ric Flair, Batista und Randy Orton bildete er nicht nur ein überzeugendes Gespann, aus welchem jeder profitieren konnte – mit Orton und Batista brachte er auch ganz alleine zwei zukünftige Top-Stars over. Doch auch der beste Run muss enden und nach mehr als drei Jahren (!) an der Spitze von RAW musste auch Triple H weichen, den aufstrebenden John Cena’s, Orton’s und Edge’s Platz machen. Der Charakter stagnierte, der enorme Einfluss von Triple H wurde aber in den Jahren ab 2005 besonders klar: Trotz neuen Gesichtern wurde „HHH“ permanent in die Uppercard gebookt, erhielt wichtige Spots und viel Zeit bei RAW. Es folgten viele Siege, wenige Herausforderungen und auch eine Menge Spaß-Aktionen wie die D-Generation X Re-Union. Dazu kommen unzählige Privilegien wie das Aussuchen der eigenen Titelmusik, hunderte Spitznamen, völlige freie Gestaltung der eigenen Promos, Freiheiten, alles zu sagen, was er will und Veto-Rechte in allen Belangen. Darüber hinaus fällt mir spontan auch kein Wrestler ein, der nach etlichen Verletzungen und misslungenen Runs so viele neue Chancen erhalten hat. Dies zusammenaddiert sorgt dafür, dass Triple H umstrittener ist als Eheschließung zwischen Homosexuellen. Oder zumindest fast, ihr versteht…
Ich möchte zwei Aussagen von Jim Cornette und Bret Hart (okay, die beiden sind keine großen Freunde von Triple H) aufgreifen:
Jim Cornette: „Well, I would love to give you an opinion, but I am clean and sober from WWE programming for several years now, and I do read what is going on, but it seems like it’s more of the same. In my opinion, he was never the star, he was always the guy that worked with the guy that drew the money, and he continues to push his boring self down the people’s throats. You know, what more can I say, I haven’t seen it first hand, but at least he got a haircut…”
Bret Hart: „I said I'd give (Taker vs. HHH at WrestleMania 28) a 4-out-of-10. I think that was generous. But you have to understand that Undertaker was hurt, so there were circumstances that I'm not privy to. [Triple H is] a decent wrestler. I wouldn't put him in the top 1000 great wrestlers. To me he was very mediocre. I never saw him contribute an idea in his life... I never saw any genius come out of Triple H, nor in any of his matches."
Da spricht gewiss etwas Groll mit, im Kern haben Cornette und Hart aber Recht. Triple H wurde den Zuschauern im Grunde genommen reingedrückt. Ob er ausgebuht oder bejubelt wurde, gute Matches hatte oder schlechte – er war bis auf ganz wenige Ausnahmen von 2000 bis zum heutigen Tage ganz, ganz weit oben und spielte in den Main Event Regionen tragende Rollen. Dabei war Hunter ehrlich gesagt spätestens ab 2007 ein ideenloser Charakter, nicht besonders aufregend und relativ langweilig im Ring. Auch während seinen (meiner Meinung nach) besten Zeiten von Ende 2002 bis Ende 2005 überzeugte Triple H am Mikrofon, aber nicht im Ring. Klar, er lieferte sich von der WWE oftmals als „episch“ betitelte Hardcore-Schlachten mit Leuten wie Mick Foley oder auch allen voran Shawn Michaels. Zurückzuführen ist dies aber darauf, dass er 1.) die Zeit dazu bekommen hat (im Schnitt mehr als 20 Minuten), er 2.) überwiegend talentierte Gegner hatte, die bekanntermaßen dort oben mitspielen und es 3.) eben No Disqualification Matches waren, die besonders von Objekten dominiert wurden. Die Show war effektiv, das Wrestling an sich aber simpel und einfältig. Genauso wenig glänzte „Hunter“ durch Ideenreichtum oder aufregenden Aktionen. Das ist zwar für einen guten Wrestler in der WWE nicht unbedingt nötig – für eine Legende aber auf jeden Fall.
Triple H hat für das Business viel getan, das Spiel studiert und für unterhaltsame Stunden gesorgt. Aber ob das 13 Major-Titel in der WWE rechtfertigt? Sagen wir es so: Es ist kein Zufall, dass der „Cerebral Assassin“ lediglich im WWE-Programm in einem Atemzug mit Shawn Michaels, The Undertaker, Ric Flair, The Rock, Steve Austin und Co. genannt wird. Und um den Kreis Richtung CM Punk zu schließen: Ja, ich kann ihn verstehen. Ein Match gegen den Undertaker lässt sich eigentlich nur noch mit einem WrestleMania Main Event toppen und rein vom Wrestlerischen her gesehen nicht mit einem Kampf gegen Triple H – der hier und da wohl schon gerne die Legende (vor)spielt, zumindest wenn ich gefragt werde. Und auch die WWE hat diese Denkweise wohl mittlerweile schon aufgesaugt, was bleibt ihnen auch schon anders übrig?
Wie seht ihr das? Die dieswöchige Umfrage handelt genau über dieses Thema: Was stellt für euch persönlich Triple H dar? Ist er überbewertet? Solide? Sehr gut? Vielleicht gar eine Legende? Viel Spaß beim Abstimmen!
In der letztwöchigen Umfrage habe ich euch übrigens gefragt, wie ihr mit The Shield weiter verfahren würdet. Das Ergebnis:
Euer Wunschszenario für The Shield?
- Zeitnaher Split verbunden mit einer Fehde untereinander - 12,90% (12)
- Sie sollten noch etwas länger zusammenarbeiten - 37,63% (35)
- Sie sollten auch zukünftig eine lose Formation bleiben, trotz Singles-Push - 49,46% (46)
Somit hat auch mein persönliches Wunschszenario gewonnen, denn es wäre im WWE Universum einfach mal eine angenehme Abwechslung, wenn Gruppierungen und Teams nicht immer in Hass aus Groll auseinandergehen. Jedoch habe ich auch gegen eine längere Zusammenarbeit nichts auszusetzen, wenngleich das Wischi-Waschi-Booking Richtung WrestleMania XXX bezüglich The Shield nervig ist. Aber auch aus dieser Situation konnte das Stable nach wie vor großartige Reaktionen ziehen, wodurch klar wird, dass wir es hier mit drei zukünftigen Stars zu tun haben.
Ansonsten geht es nächsten Donnerstag wie gewohnt mit dem charmant smarten Mark-Report weiter. Bis dahin!
Twitter: @svenundso
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