Der „Smart Mark Report“ beleuchtet und bewertet auf Wrestling-Infos.de jede Donnerstag aktuelle Geschehnisse und Entwicklungen in der Welt des Mainstream-Wrestlings aus der Sicht eines „smarten“ Fans wie du und ich. Neben 100% subjektiven Ansichten liegt der Schwerpunkt vornehmlich auf der WWE. ACHTUNG: Keine Haftung für etwaige Spoiler!
Monday Night RAW hat diese Woche mehr als 500.000 Zuschauer verloren und fiel unter die Marke von drei Ratingpunkten. Der Alltag ist demnach schneller wieder eingetreten, als es sich so manch Verantwortlicher gewünscht haben dürfte.
Der große Zauber ist irgendwie rasend schnell verfolgen. Die Road to WrestleMania ist schon lange überquert worden und gewissermaßen befindet sich die WWE jetzt wieder auf der „Durststrecke“, dessen Ende für gewöhnlich erst beim Royal Rumble zu sehen ist – und das ist erst im Januar! Die letzte Ausgabe von RAW war wieder so arg gewöhnlich, dass sich beim Zuschauen die ganze Euphorie wieder gelegt haben dürfte. Vom WrestleMania-Momentum konnte im Prinzip nichts genutzt werden. Daniel Bryan hat mit Randy Orton und Batista nichts mehr zu tun. Stattdessen trifft er bei Extreme Rules auf Kane, dessen Beatdown bei RAW zwar gelungen war – mehr als ein typischer Übergangsgegner ist er aber nicht. Es ist sicherlich eine Herausforderung, zwölf Pay-Per-Views bzw. Special Events interessant zu halten, ein derart brutaler Schritt Richtung Belanglosigkeit ist aber auch für WWE-Verhältnisse verwunderlich. Im Booking Team sitzen hochbezahlte Menschen. Mehr als ein Masked Kane Comeback Nr. 78 fällt ihnen aber nicht ein? Das ist fast so kreativ wie ein neuerlicher Push von Big Show ins World Title Picture. Aber beschwören wir lieber nichts auf.
„The Animal“ und die „Viper“ haben sich währenddessen mit Triple H zusammengeschlossen und beleben die Evolution wieder. Die Gegner: The Shield. Sicherlich ein großer Schritt für Dean Ambrose, Roman Reigns und Seth Rollins, aber es fühlt sich schon etwas dürftig an. Das Stable der Zukunft entwickelt sich einfach nicht weiter. Die angeteasten Streitigkeiten wurden wieder vollends über Bord geworfen, stattdessen müssen sie – wie zuletzt beim SmackDown Taping – das halbe Roster hart attackieren, um überhaupt eine Bedrohung für die alten Evolution-Mannen darstellen zu können. Auf beiden Seiten fehlt irgendwie der große Mikrofon-Meister, der diese Fehde auch auf verbaler Ebene führen kann. Ric Flair könnte The Shield alleine schon durch seine Worte auf ein neues Level heben. Aber Triple H, Hunter und Orton klingen nicht nur alle verdammt ähnlich, sondern dürften im schlimmsten Falle auch das gleiche sagen. Immer und immer wieder. Bei RAW, SmackDown und dann noch einmal im Rückblick bei Main Event und Superstars. Die Fans gehen noch voll drauf ab, die Substanz ist aber kaum vorhanden. Eigentlich möchte man diese Fehde bis zum SummerSlam nicht sehen, denn da fehlt einfach der große Grund.
Ebenfalls grundlos erscheint das aufgebauschte WWE Intercontinental Championship No. 1 Contendership Turnier, in welchem Wrestler – die eigentlich problemlos alle mit Leichtigkeit einen Spot um den im Rang arg abgerutschten Midcard-Titel erhalten könnten – künstlich intensive Kämpfe führen, um am Ende auf Fleischpaket Big E. zu treffen. Wäre Stephanie McMahon wirklich böse, hätte sie dem ehemaligen Langston den Titel aberkannt aufgrund erschreckend schwacher Leistungen. DANN hätte sich ein Turnier gelohnt, um einen neuen Titelträger zu finden. In der jetzigen Form ist es aber so, als müsste man erst einen Marathon laufen, um einen Supermarkt betreten zu dürfen. Ihr versteht.
Brock Lesnar hingegen lässt sich gar nicht mehr blicken, während Paul Heyman irgendwie auch fehl am Platze wirkt. Die großartige Undertaker-Streak ist beendet, aber bis auf seltsame Dauerwiederholungen dieser Tat beschäftigt sich Heyman noch parallel dazu mit Cesaro, Swagger, Zeb Colter…und es hilft niemanden. Dem „King of Swing“ wird enormes Spotlight gestohlen, da er wie ein Lakai vom Lesnar-Manager wirkt. Da macht sogar Swagger eine bessere Figur finde ich. Die Wischi-Waschi-Darstellung von Cesaro mag ebenfalls nicht gefallen. Die WWE will, dass er in eine Heel-Rolle gedrängt wird, aber er dann aufgrund seiner Overness zum Face turnt. Warum? Warum kann er nicht Vollblut-Heel werden, dann auch so handeln und irgendwann gegen Heyman turnen? Es muss nicht immer großartig innovativ oder seltsam übertrieben sein.
Die WWE hat in den letzten Jahren enorme Schwierigkeiten, die rund neun (!) Monate zwischen den Road to WrestleManias mit sinnvollem Inhalt zu füllen. Alles wirkt zufällig, beliebig, nicht wichtig und enorm einschläfernd. Da reißt nichts mit. Stattdessen fragt man sich als Zuschauer viel mehr, was als nächstes gegen die Wand gefahren oder warum an falschen Stellen die Gewohnheitskeule geschwungen wird. Anstatt Cesaro klassisch und nachhaltig aufzubauen, bekommt Alexander Rusev eine gähnend langweilige „Jobber-wegklatschen“-Storyline, mit der er höchstens ein neuer Vladimir Kozlov wird. Mehr nicht. Manchmal wirkt es so, als wird einfach irgendwie irgendwas vor den Shows festgelegt und dann ohne Nachfragen ausgeführt.
Frischer Wind muss wehen! Und zumindest Potential dazu hat „Global Force Wrestling“, die neue Wrestling-Liga von TNA-Gründer Jeff Jarrett. Zwar ist nicht viel dazu bekannt, aber alleine schon die Tatsache, dass da Konkurrenz von jemandem kommen könnte, der AHNUNG hat, von dem was er macht, macht diese Ankündigung zu einer Jubelbotschaft. Diverse Partnerschaften wurden geschlossen (unter anderem mit einem NASCAR-Team) und generell wirkt alles sehr durchdacht, mit Hand und Fuß. TNA hat indes Panik vor dem neuen Erzfeind bekommen und stattet eifrig ihre Superstars mit Langzeitverträgen aus, damit sie nicht von GFW angestellt werden. Eigentlich eine schlaue Taktik. Nur schade, dass niemand der etablierten TNA-Legenden wie Christopher Daniels, Chris Sabin und Co. an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sind. Stattdessen werden „Wrestler“ wie Rockstar Spud langfristig an sich gebunden, der indes erschreckende Ähnlichkeit mit Quotenschwuchtel Ross Anthony hat. Und wusstet ihr, dass der TNA World Champion jetzt ein langbärtiger Comedy-Charakter ist, dessen Aufbau akut heftig an Daniel Bryan erinnert? Und der beste TNA-Heel seit langer Zeit – Bully Ray – ist jetzt Face. Einfach so! Auf dem Weg zum Abgrund drückt der Dixieland-Express noch einmal schlagartig stark aufs Gaspedal. Trotz schlechter Form muss sich die WWE über der jetzigen Konkurrenz höchsten im EWR Wrestlingsimulator Gedanken machen…
Wann gibt es also Licht am Ende des Tunnels? Wirklich erst beim Royal Rumble 2015? Es wäre schrecklich, denn möglicherweise halten viele diese lange Zeitspanne nicht noch einmal aus. Der Knopf der Innovation muss an richtigen Stellen gedrückt werden. Nicht an Positionen, die es nicht nötig haben. Nach WrestleMania 30 wehte der „Wind of Change“ durch die Reihen, wenige Wochen später ist er aber wieder verflogen. Daniel Bryan kann eigentlich von seinem Title Run nicht profitieren, denn als Gejagter geht er nicht auf. The Shield entwickelt sich nicht weiter und fehdet gegen das Altherren-Trio ohne Charme und Witz. Potentielle Stars der Zukunft gehen unter, zu viele Kämpfe wiederholen sich aufgrund viel zu viel Programmzeit, die gefüllt werden muss, und anderweitig wird als Alternative nur WWE in noch schlechter geboten.
In der letzten Umfrage fragte ich euch, welchen WWE-Superstar ihr für die Zukunft ganz oben seht. Mit knapp 50% setzt sich Cesaro vor Roman Reigns (28%) und Bray Wyatt durch (18%), während 4% eher einen anderen Wrestler – in diesem Falle fiel der Name Seth Rollins sehr oft – bevorzugen. Insgeheim sollte man sich freuen, wenn es überhaupt irgendeiner der genannten Akteure nach ganz oben schafft. Beim momentanen Schlaf-Booking kann leider bisher niemand auf lange Sicht profitieren.
Diese Woche möchte ich von euch wissen, was ihr vom Comeback der ehrwürdigen Evolution haltet. Großes Kino? Oder doch nur Zeitverschwendung? Ich bin gespannt.
Ansonsten sind die Worte für diese Woche gesprochen. Bis zum nächsten Donnerstag!
Twitter: @svenundso
Lesezeichen