Liebes Forum! An Alle die mich nicht mehr kennen: Ich bin CookieMonster Punk und durfte vor einigen Jahren bei Wrestling-infos.de mitarbeiten. Dabei habe ich auch die Kolumne "Monsters Are Independent" geführt, in der es um alle möglichen Facetten des Indywrestlings (hauptsächlich aber nicht nur: ROH, CHIKARA, Evolve und Co.) ging. Nach Wrestlemania sind mir einige Gedanken gekommen, die ich gerne mit der Welt teilen würde - wo also besser als hier? Das ist also meine Sicht der Dinge mit etwas Abstand zum Wrestling. Have Fun!
Die Indyvolution bei WWE – und warum ich jetzt endlich alteingesessene WWE Fans verstehen kann
Etwas mehr als fünf Jahre ist es nun her, dass ich meine letzte Kolumne zum Thema Indywrestling geschrieben habe. Noch etwas länger, nämlich relativ genau sieben Jahre, liegt meine erste zurück. Damals konnte ich ein Interview mit einem dem Mainstream weitgehend unbekannten Tyler Black führen. Der Name Tyler Black lässt heute auch nur bei wenigen Wrestlingfans die Glocke läuten – Seth Rollins hingegen kennt jeder. Andere waren TJ Perkins, Adam Cole oder Kyle O’Reilly.
Diese Liste könnte ich jetzt beliebig weiterführen. Viele der Wrestler die wir damals in den Indynews so ausführlich behandelt haben, sind jetzt Teil von WWE. Dabei sprechen wir nicht nur von Midcardern oder NXT Talenten. Wir sprechen hier von World Champions. Seit 2011 gab es insgesamt 6 WWE Champions, die außerhalb von WWE groß wurden (CM Punk, Alberto del Rio, Daniel Bryan aka. Bryan Danielson, Seth Rollins aka Tyler Black, Dean Ambrose aka Jon Moxley, AJ Styles). Beim WWE Universal Title sind es sogar 50% der Titelträger (Finn Balor aka Prince Devitt und Kevin Owens aka Kevin Steen).
Wir könnten uns jetzt noch die Card von Wrestlemania vornehmen. Aber das wäre wohl zu viel der Statistiken.
Worauf will ich also hinaus? Der WWE Roster hat sich geändert. Ich selber verfolge Wrestling weit nicht mehr so intensiv wie noch vor einigen Jahren. Wrestling-infos.de gehört aber immer noch zu meiner Lektüre beim Frühstückskaffee. Auch das WWE Network habe ich abonniert um ab und an einen WWE PPV anzusehen. Dabei lese ich auch sehr gerne die Kommentare von Fans. Und diese Kommentare lassen sich ziemlich leicht zusammenfassen:
Kommentar 1: „Roman Reigns ist ein *beliebiges Schimpfwort* und soll endlich abhauen!“
Kommentar 2: „Wo sind nur die alten Zeiten mit den tollen Matches und Charakteren hin?“
Kommentar 3: „Warum wird *Cesaro, AJ Styles, Finn Balor, Seth Rollins usw* nicht ordentlich eingesetzt statt den ganzen alten Teilzeitwrestlern?“
Kommentar 4: „Warum holt WWE nicht Kenny Omega, die Young Bucks oder Adam Cole?!?!“
Meine Meinung zu Roman Reignes spare ich mir. Ich finde ihn allerdings gar nicht so schlecht. Er hat mich damals bei The Shield schon gut unterhalten. Die anderen Kommentare haben mich allerdings zum Nachdenken gebracht.
Kommentar 2 und 3 – oder – „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier!“
Wrestlemania ist bekanntlich die Zeit, in der Wrestling auch in den Mainstreammedien ankommt. Es ist auch die Zeit, in der sich viele alte Wrestlingfans zusammenfinden um gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen. Auch bei mir und meinen Freunden ist dieses Wochenende immer Pflichtprogramm. So auch in diesem Jahr. Geschaut habe ich WM mit zwei Freunden, die beide schon über 30 sind und daher die Attitude Ära miterlebt haben. Sie kennen kaum noch jemanden der neuen Garde im Roster, während ich mit vielen der alten Garde (Lesnar, Goldberg, HHH und mit Abstrichen The Undertaker) relativ wenig anfangen kann. Und trotzdem hat es WWE geschafft, eine Card für uns alle auf die Beine zu stellen. Während ich mich am Sieg von Rollins gegen HHH erfreuen konnte, schwebten die anderen in Nostalgie als Goldberg die Rampe entlang ging. DAS ist Wrestlemania!
Wir hatten alle unsere Helden aus Jugendzeiten am Schirm. Hat schon jemand darüber nachgedacht, dass das der Grund ist warum WWE immer wieder Teilzeitstars zurückholt und in wichtige Positonen setzt? Für die aktuellen Stars ist eine Niederlage gegen Goldberg oder Lesnar keine Schande, weil diese trotz allem noch immer ein unglaubliches Standing haben. Und in 15 Jahren wird ein 45-jähriger Seth Rollins dann vielleicht für 3 Monate den Titel halten. Das ist der Lauf der Zeit und gerade im Entertainment Sektor keine Seltenheit. Metallica ist heute noch einer DER Headliner auf jedem Festival, obwohl es genügend junge Bands in dieser Richtung gibt, die den Spot ebenso übernehmen könnten. Und genau deshalb verstehe ich WWE auch, wenn sie Teilzeitwrestler und Altstars in prominente Matches bei Mania booken.
Daraus lässt sich auch der Grund ableiten, warum Indywrestling für mich nicht mehr spannend ist. Es reizt mich kaum noch, da meine Helden alle weg sind. Klar gibt es einige spannende Talente, aber ein Jay Lethal als ROH Champ ist für mich einfach nicht so spannend wie ein Tyler Black oder Davey Richards.
Kommentar 4 - oder – „Das Daniel Bryan/Kenny Omega/Young Bucks Paradoxon.“
Ich war einer der Fans, die jahrelang Indystars gefordert haben. Warum? Weil ich ihre Matches in den Indys geliebt habe und diese gerne in einem entsprechenden Setting sehen wollte. Auf der großen Bühne.
Was dabei allerdings gerne vergessen wird: Solche Matches werden wir bei WWE nie sehen. Ein tolles Beispiel dafür ist Daniel Bryan. Er galt in den Indies sehr lange als „Best in the World“. Und das meiner Meinung nach zurecht. Die Liste an epischen technischen Schlachten, die er als Bryan Danielson bei ROH geworkt hat, scheint schier unendlich. Ich habe dazu glaube ich sogar Mal eine eigene Kolumne geschrieben.
Und dann kam er zu WWE. Und ich war von seinen Matches zwar noch immer begeistert, aber an das Level von ROH konnte er nicht mehr anschließen. Sein bestes Match bei WWE war meiner Meinung nach gegen John Cena. Wartet mal… JOHN CENA?! Ja genau. Die Story war perfekt, das Wrestling hat durch einige coole Spots beeindruckt. Und genau das sind die Matches die Top-Matches die wir von WWE erwarten können.
DAS beste Match in letzter Zeit war wohl Kazuchika Okada vs Kenny Omega bei NJPW. Würde dieses Match genauso bei WWE funktionieren? Nein. Fordern seit Jahren viele WWE Fans Okada oder Tanahashi bei WWE? Ja. Ist vor allem Tanahashi der John Cena von NJPW? Auf jeden Fall! Wenn solche Verpflichtungen passieren, müssen die Fans damit rechnen, dass die Wrestler ihren Stil an WWE anpassen. Ähnlich wird es mit Nakamura im Main Roster passieren. Mark my words.
Die Young Bugs haben es auf den Punkt gebracht: Sie würden ihre Popularität, die sie gerade in den Indies haben, nie auf WWE übertragen können – weil sie nie mit demselben Gimmick und Style auftreten könnten. Und weil sie niemals ähnliche Matches worken könnten.
Fazit
Die von den Fans so stark geforderte Auffrischung des Rosters hat stattgefunden. Das Produkt ist ähnlich geblieben. WWE ist größer als jeder Wrestler. Das kann der geneigte Fan nun dem Ego von Vince vorwerfen. Oder man vergleicht WWE mit jedem anderen Unternehmen. Eine Stelle in einem Unternehmen darf nie an seinen Mitarbeitern ausgerichtet werden – sondern an der Unternehmensphilosophie. Und genau deshalb wird sich das Produkt von WWE nicht radikal ändern. Wir können uns aber darüber freuen, dass die Stellen im Unternehmen WWE jetzt mit deutlich talentierteren Wrestlern besetzt sind als noch vor Jahren.
Habe ich früher meine Kolumne gerne mit „Stay Indy“ beendet, beende ich sie jetzt mit einem „Stay open and have fun“ – denn darum geht es beim Wrestling im Endeffekt.
Cheers,
Paul
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